Wie kann es bei einer Geburtserfahrung zu Belastungen oder gar traumatischen Reaktionen kommen?
Geburtstrauma ist keine Diagnose. Das Wort wird im Grunde frei verwendet und könnte verschiedene Ereignisse beschreiben.
- Die eigene Geburt, wie meine Mutter mich auf die Welt gebracht hat (um die geht es auf dieser Webseite weniger). Habe ich selbst als Neugeborener ein Geburtstrauma erlebt?
- Die Geburt meines Kindes – die Erfahrung des Ereignisses, zu Gebären oder als Beobachter dabei zu sein
- Die psycho-emotionalen und sozialen Folgen nach der Geburt meines Kindes
Prinzipiell verwende ich das Wort Trauma in Bezug auf Eltern nach einer belastenden Geburtserfahrung nicht gerne. Ich möchte kein Label auf Menschen legen, von dem es dann nochmal schwieriger ist, es wieder loszuwerden. Es ist ja schon genug Arbeit, das Erlebte zu integrieren und loslassen zu können.
Außerdem geht es mit meiner Arbeit auch nicht nur um Trauma, sondern um Auslöser von Belastung jeglicher Art und Ursache. Für eine richtige Diagnosestellung der Posttraumatischen Belastungsstörung benötigt es immer ein auslösendes Ereignis, also möglicherweise die Geburt und die Reaktionen und Folgen danach. Es müssen außerdem bestimmte psycho-soziale Folgen und emotionale Reaktionen eine Rolle spielen um eine Diagnose stellen zu können. Dabei geht also nicht nur um das Ereignis, sondern darum, wie es dem Betroffenen mit diesem Ereignis geht. Manchmal ist auch gar nicht die Geburt selbst das Belastendste, sondern ein Ereignis in der Schwangerschaft oder kurz zuvor. Manchmal betrifft die Hauptbelastung auch etwas, das im Wochenbett geschehen ist.
Traumatische Belastung bedeutet, dass es eine Angst oder Sorge um das eigene Leben, oder die Unversehrtheit des Körpers von sich oder einem anderen gab. Da es bei Geburt um Leben und Tod oder möglicher Verletzung geht, steht die Vermutung sehr Nahe, dass es Ängste oder Sorgen diesbezüglich gegeben haben könnte.
Der Mann könnte sich also Sorgen um seine Partnerin, aber auch um das Kind machen. Die Mutter könnte sich Sorgen um sich selbst oder das Kind machen. Diese müssen nicht objektiv richtig sein oder ausgesprochen werden. Manchmal werden sie einem erst später bewusst, vielleicht weil es in dem Moment zu erschreckend gewesen wäre, diese Gedanken zu seinen Gefühlen zu denken.
Belastungssymptome können nach jeder Geburtssituation auftreten. Sie können erfolgen bei Fehlgeburten, Abgängen, Frühgeburten, Abtreibungen aber auch ganz normale Entbindungen, sowie Kaiserschnittgeburten und andere operative Entbindungsverfahren. Auch andere gynäkologische Eingriffe können schwer belastend sein.
Doch im Grunde verwende ich statt dem Wort „Trauma“ lieber „belastende Geburtserfahrungen“, denn es geht nicht nur um die Angst oder die Sorge die die Körperlichkeit betrifft. Ich möchte alle Menschen ansprechen, die im Nachhinein von ungewollten Gefühlen in ihrer Lebensenergie eingeschränkt werden. Das können Gefühle von Schuld, Scham, Ärger, Wut, Trauer oder auch Angst sein. Eigentlich sind alle Reaktionen normale Reaktionen nach belastenden Ereignissen. Wenn das Erlebte nicht zeitnah integriert und losgelassen werden kann, können sich deshalb in Folge auch viele verschiedene Folgestörungen entwickeln.
Diagnosen nach belastenden Geburten können deshalb unterschiedlichst gestellt werden. Es könnte eine Anpassungsstörung, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Depression, Angststörung, Essstörung oder eine psychosomatische Störung diagnostiziert werden.
Doch neben Diagnosen geht es auch um Selbstwert, Bindung, Paar- bis hin zu Trennungskonflikten.
Entgegen der Meinung oder gar Ratschlägen „Da hattest du aber ein Trauma“ und „da brauchst du aber Traumatherapie“ möchte ich betonen, dass diese Aussagen nicht förderlich sind für die Integration von belastendem Erleben. Sie verstärken eher die Belastung.
Besser ist es, wenn man mit Betroffenen zu tun hat, sie wertzuschätzen mit dem, was sie erlebt haben, und sie dann zu motivieren etwas für sich zu tun. Es ist im Normalfall keine lange Traumatherapie notwendig. Gerade die „Monotraumabehandlung“ kann schnell und effektiv zum Ziel führen. Die AS-Geburtsnachsorgegespräche sind keine Therapie. Sie kommen zwar aus der Behandlung von Monotrauma. Doch sind wir wirklich nur reduziert auf die geführte Betrachtung des Erlebten und bearbeiten nicht zeitgleich andere Themen.
Es gibt sehr gute Ergebnisse in einer ersten Interventionsstudie.
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